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Gefahren von digitalem Zentralbankgeld (digitaler Euro)

Dieser Experten-Beitrag ist eine Vorabveröffentlichung und wird in Ausgabe Nr. 3 des einundzwanzig Magazins erscheinen.

Anmeldung zum Gastvortrag von Joe Martin am 27.06.2024:
Der digitale Euro – Fortschritt oder doch ein Schritt in die totale Überwachung?

Chancen und Risiken des digitalen Euro

Bereits über 130 Staaten prüfen das Potenzial von «Central Bank Digital Currency (CBDC)». Doch der digitale Euro, Dollar oder Rubel bergen auch nicht zu unterschätzende Risiken für die Gesellschaft und die individuellen Freiheiten jedes einzelnen Bürgers. Im folgenden Text werden die Chancen und Risiken von digitalen Zentralbankwährungen erläutert.

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Digitale Zentralbankwährungen sind elektronische Varianten von Fiat-Geld, kontrolliert von Zentralbanken. Ihr angeblicher Hauptvorteil liegt in der Möglichkeit, Zahlungen im digitalen Raum effizient zu leisten, wobei dies bereits heute mit «Pay Pal» und anderen Diensten problemlos möglich ist. Deshalb gibt es an sich keine stichhaltigen Gründe die für eine digitale Zentralbankwährung wie den digitalen Euro sprechen. Zudem wirft die Digitalisierung des Euro und anderer Währungen ernsthafte Bedenken auf, hinsichtlich Überwachungs- und Kontrollmöglichkeiten durch Regierungen, oder anderer einflussreicher Gruppen.

Wie alles began

Der Anstoß zur Entwicklung von CBDC kam durch Initiativen wie Facebooks «Libra», die darauf abzielten Zahlungsvorgänge für deren weltweite Nutzer zu vereinfachen, mit dem dramatischen Nebeneffekt, den Zahlungsverkehr und teilweise die Geldpolitik aus den Händen der Zentralbanken zu nehmen. Dies führte zu einem weltweiten Wettlauf um die Schaffung eigener digitaler Währungen.

Was eine CBDC bringen soll

Zentralbanken bewerben ihre digitalen Währungen mit Vorteilen wie der erhöhten Benutzerfreundlichkeit und der verbesserten finanziellen Inklusion, etwa indem sie Menschen in abgelegenen oder wirtschaftlich schwächeren Regionen durch die Nutzbarkeit digitaler Wallets auf Mobilgeräten den Zugang zu Finanzdienstleistungen erleichtern.

Zentralbanken argumentieren weiter, dass CBDC nicht nur den Zugang zu Finanzdienstleistungen vereinfachen, sondern auch die Teilnahme am Wirtschaftsleben fördern würden. Doch hier verfügt der digitale Euro oder Dollar über keine Exklusivität, denn bestehende Bezahlsysteme ermöglichen dies bereits heute. Dies gilt genauso für den Schutz vor dem Verlust von Geld bei Abhandenkommen oder Beschädigung des Speichergeräts.

Staatliche Leistungen und Finanzkriminalität

Ein weiterer genannter möglicher Vorteil von CBDC ist die Vereinfachung der Verteilung von staatlichen Leistungen, wie etwa einem zukünftigen allgemeinen Grundeinkommen. Durch die direkte digitale Zuweisung könnten solche Zahlungen effizienter und zielgerichteter erfolgen. Auf die damit verbundenen erheblichen staatlichen Kontrollmöglichkeiten wird später noch eingegangen.

Weiter wird argumentiert, dass ein CBDC-System Steuerhinterziehung deutlich einschränken könnte, insbesondere in einem Szenario, in dem es Bargeld ersetzt. Jedoch zu welchen Kosten? Neben der Nachverfolgbarkeit jeder Transaktion würde die Programmierbarkeit von CBDC neue, effiziente Wege der Steuererhebung ermöglichen, von der Mehrwertsteuer bis hin zu Einkommens- und Zollabgaben und neuen, gezielten Sonderabgaben, deren Erhebung damit erst möglich würden. Außerdem liegt nahe, dass die besten Steuerhinterziehungsmethoden, Tricks wie CumEx-Betrügereien, nicht bargeldbezogen sind und mit einem digitalen Zentralbankgeld noch erleichtert würden.

Effizienz im Zahlungsverkehr

Im Zahlungsverkehr sollen CBDC eine erhöhte Effizienz bringen, indem sie Kosten und Gebühren reduzieren, die normalerweise durch die Beteiligung mehrerer Zwischenhändler, etwa der Geschäftsbanken, entstehen. Über die Kostenreduktion hinaus könnten CBDC das Ausfall- oder Gegenparteirisiko im traditionellen Bankensystem reduzieren. Transaktionen mit CBDC würden direkt mit der Zentralbank abgewickelt, was die Sicherheit und Stabilität des Finanzsystems stärken würde. Durch die Verringerung der Rolle von Geschäftsbanken bei der Geldschöpfung würde auch das Betrugsrisiko durch «Wirecard-Banker» und Andere reduziert.

Die Kehrseite der Medaille ist, dass der digitale Euro zur Fluchtwährung aus dem Geschäftsbankensystem würde, da der Kunde sein Geld lieber auf das Zentralbankkonto einzahlt, als auf das Konto seiner Hausbank. Das führt zu einer weiteren Schwächung der Banken in der Fläche und einer Stärkung einer einzelnen Institution, nämlich der Zentralbank, der man immer mehr vertrauen muss. Die Konzentration der Finanzmacht in den Händen der Zentralbank würde nicht nur den Wettbewerb im Bankensektor zum Nachteil des Kunden verringern, sondern auch die finanzielle Macht des Staates erheblich stärken.

Risiken für das globale Finanzsystem und die Gesellschaft

Doch auch die anderen scheinbaren Vorteile, welche beispielsweise für einen digitalen Euro sprechen und mit denen die Europäische Zentralbank und ihre Protagonisten die Bürger zu verführen suchen, bergen viele Risiken, für das globale Finanzsystem und die Gesellschaft. Sie bieten gefährliche Möglichkeiten zur Umsetzung von fehlgeleiteter Geldpolitik, da Zentralbanken zur Durchsetzung einer politischen Agenda direkt auf bestimmte Wirtschaftssektoren oder Gruppen einwirken können.

Die oft erwähnte Verteilung von Helikoptergeld oder gezielte Subventionen sind ein Beispiel dafür. Darüber hinaus können Zinssätze, etwa unter dem Vorwand der Inflationskontrolle einfacher implementiert werden, um die Geldzirkulation zu beeinflussen.

Digitale Zentralbankwährungen könnten also weitreichende Auswirkungen auf das Finanzsystem und die Gesellschaft haben. Sie ermöglichen den Regierungen eine erhöhte Kontrolle über Finanztransaktionen, was zu mehr staatlicher Überwachung und einem Rückgang der wirtschaftlichen Freiheit führen könnte.

Die Zentralbank und der Staat werden allmächtig

Durch die Programmierbarkeit von CBDC könnten Zwangsanleihen erzwungen werden. Dies würde Bürger dazu zwingen, dem Staat in finanziellen Notlagen Geld zu leihen. «Nudge Economic» könnte eingesetzt werden, um Verhaltensänderungen bei Bürgern zu bewirken. Beispielsweise könnten Negativzinsen auf Ersparnisse erhoben werden, um den Konsum anzukurbeln und das Sparverhalten zu reduzieren.

Die Programmierbarkeit von CBDC würde potentiell auch die Akzep­tanz bei Geschäftspartnern verringern, insbesondere bei grenzüberschreitenden Transaktionen, da Misstrauen gegenüber der Zentralbank der zahlenden Partei bestehen könnte. Natürlich beschwichtigt etwa die Europäische Zentralbank bezüglich der Möglichkeiten durch die Programmierbarkeit des digitalen Euro, aber Hand aufs Herz: der digitale Euro ist ein Programm und muss, damit er überhaupt existiert, programmiert werden. Weshalb sollte also diese Programmierung nicht veränderbar sein, wenn eine zentrale Stelle den Code verwaltet?

Die digitale Natur von CBDC macht sie zudem anfällig für Hacks, welche zu Geldfälschung, Diebstahl oder Störungen des Finanzsystems führen könnten. Solche Angriffe könnten auch von ausländischen Akteuren ausgeführt werden, was zu Spionage oder Destabilisierung des Finanzsystems führen könnte.

Während diese Gefahr zwar latent für alle Systeme besteht, nimmt sie natürlich mit der Zentralisierung eines Systems überproportional zu und würde in einem System, welches überwiegend oder ausschließlich auf CBDC aufgebaut ist, zu einem Single-Point-OfFailure, einer einzelnen gefährlichen Schwachstelle, führen.

Individuelle Risiken

Die Risiken auf gesellschaftlicher Ebene sind besorgniserregend, aber auf individueller Ebene könnten die Auswirkungen für den Einzelnen noch gravierender sein. Die erleichterte Überwachung und Kontrolle der Finanztransaktionen könnte zu einer massiven Verletzung der Privatsphäre und der wirtschaftlichen Freiheit des Einzelnen führen.

Die gesammelten Daten könnten nicht nur für staatliche Zwecke, sondern auch für private Interessen missbraucht werden, wenn der Staat mit der Privatwirtschaft klüngelt, wie zum Beispiel mit den Krankenkassen, um etwa das Gesundheitswesen zu «verbessern» und Beiträge nach beliebig definiertem Wohlverhalten zu steuern.

So besteht die Gefahr, dass die mit CBDC verbundenen angeblichen Vorteile gegen die Interessen der Bürger eingesetzt werden könnten. Die Möglichkeit, Maßnahmen schnell und zentral umzusetzen, würde über kurz oder lang wohl zu einem Missbrauch der Macht führen.

Die Verknüpfung von CBDC mit digitalen IDs könnte außerdem die Einführung von Sozialkreditsystemen erleichtern, die das finanzielle, soziale und ethische Verhalten der Bürger verfolgen, kontrollieren und bestrafen. Entsprechende Berichte aus China verheißen diesbezüglich einen direkten Weg in eine totalitäre Diktatur, was für den Einzelnen ein Sklavendasein bedeuten würde. CBDC könnten von Regierungen genutzt werden, um finanzielle Freiheiten konkret einzuschränken. Beispielsweise könnten Ausgabenobergrenzen festgelegt werden, um nicht nur die Wirtschaft zu steuern, sondern bestimmte Personengruppen zu sanktionieren. In extremen Fällen könnten Konten eingefroren werden, um finanzielle Ressourcen Einzelner oder bestimmter Gruppen zu blockieren. Überweisungsbeschränkungen könnten außerdem implementiert werden, um den Geldfluss zwischen Personen zu kontrollieren und bestimmte Transaktionen zu blockieren. Dies könnte die politische Opposition oder zivilgesellschaftliches Engagement behindern. 

Durch die Sammlung von Transaktionsdaten könnten Regierungen detaillierte Einblicke in das finanzielle Verhalten ihrer Bürger erhalten. Dies könnte zur Kontrolle des Konsums genutzt werden, beispielsweise durch Kohlenstoffbudgets oder Strafsteuern auf bestimmte Waren und Dienstleistungen.

Geografische Beschränkungen durch Geo-Fencing.

Geo-Fencing könnte verwendet werden, um geografische Beschränkungen festzulegen und die Bewegungsfreiheit der Bürger einzuschränken, was im Extremfall zu Menschenrechtsverletzungen führen könnte. Dies könnte vorgeblich nur in öffentlichen Krisensituationen angewendet werden, birgt jedoch das Risiko des Missbrauchs.

Geo-Fencing könnte verwendet werden, um geografische Einschränkungen festzulegen, was die Bewegungsfreiheit einzelner Bürger beschränken und in Extremfällen zu Menschenrechtsverletzungen führen könnte.

Über die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme müsste normalerweise hinlänglich diskutiert werden, und die Bevölkerung könnte in der Mehrheit durchaus anderer Meinung sein als die politische Führung. Doch diese Diskussion kann man mit CBDC natürlich gleich unterbinden und jedem, der sich aus seiner erlaubten Zone bewegt, entsprechende Strafzahlungen direkt vom digitalen Wallet abbuchen oder sogar das Wallet sperren und den politisch Andersdenkenden von jeder Konsummöglichkeit abschneiden, um ihn so gefügig zu machen.

Nicht zuletzt könnten CBDC auch dazu verwendet werden, den Konsum bestimmter Produkte zu fördern oder zu beschränken, insbesondere solcher, die als um – weltfreundlich, gesund oder sozial verantwortlich gelten.

Wenn also Lobbyverbände die Politik stark genug beeinflussen, können dadurch Wettbewerbsvorteile entstehen, welche die Macht bestimmter Interessengruppen und Unternehmen massiv vergrößern. Auch das würde die Freiheit des Einzelnen mit einer völlig neuen Qualität einschränken und zu einer gesellschaftlichen Situation führen, die eher einer Autokratie gleicht, als einem freiheitlich demokratischen Staat.

Bei all den vermeintlichen Vorteilen sind also die Nachteile nicht zu unterschätzen, vor allem die potenzielle Erosion der Privatsphäre und die Machtzentralisierung. Die Risiken von CBDC überwiegen, vor allem in Hinblick auf die weitreichenden Implikationen bezüglich individueller Freiheit und gesellschaftlicher Kontrolle.

Die brutalen Kontrollmöglichkeiten, die zur kompletten Zensur führen könnten, sind offensichtlich. Gerade die Verknüpfung digitaler Zentralbankwährungen mit einer digitalen ID ist ein Szenario, welches viel zu wenig diskutiert wird und sich schleichend den Weg in unseren Alltag bahnt. Damit würden wir zum absolut gläsernen Bürger, der jederzeit «abgeschaltet» werden könnte.

Digitale Zentralbankwährungen stellen eine signifikante Entwicklung im Finanzwesen dar. Sie könnten eine neue Form der Überwachung und Kontrolle ermöglichen. Anstelle offensichtlicher Überwachungsinstrumente könnten sie eine subtilere, aber möglicherweise noch wirksamere Form der Kontrolle durch die Manipulation des Geldflusses darstellen. Dies würde zu einer Art von «Big Brother-Welt» führen, in der Autonomie und Freiheit stark eingeschränkt wären.

Sollen CBDCs erlaubt werden?

Insgesamt bergen CBDC das Risiko verstärkter Überwachung und Kontrolle durch eine kleine Gruppe von Priviligierten, was die Notwendigkeit geeigneter Schutzmaßnahmen zur Wahrung der Rechte und Freiheiten der Bürger unterstreicht.

Eine der Möglichkeiten und ein unbedingtes Muss sind gesetzliche Rahmenbedingungen, die jeglichen Missbrauch ausschließen.

Dabei darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass auch Gesetze neu geschrieben oder umgangen werden können. Auch in demokratischen Staaten kann sich die politische Ausrichtung und Stimmung, gerade nach Neuwahlen und Machtwechseln, drastisch verändern. Da macht es letztlich lediglich einen marginalen Unterschied, ob eine CBDC von links oder rechts als Machtinstrument missbraucht wird. Erste, radikalisierende Entwicklungen sind in Europa längst zu erkennen.

Solchen Menschen ein derartiges Machtinstrument zur Verfügung zu stellen, wäre deshalb hochgradig unverantwortlich.

Vielleicht ist das einzige Szenario für CBDC eine Open Source Gestaltung, in der jeder von dezentralen Servern sein Wallet der Wahl lädt und selbst entscheiden kann, ob er den digitalen Euro nutzen möchte oder nicht. Die genauen Bedingungen für diese Art der Distribution und die Rahmenbedingungen müssten noch genau definiert werden. Bitcoin stellt eine sehr gute Vorlage dar.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die möglichen Auswirkungen von digitalen Zentralbankwährungen sehr weitreichend sind und ein viel zu großes Risiko des Missbrauchs durch Regierungen oder andere Interessengruppen bergen, weshalb alles getan werden muss, um die Schaffung dieses brutalen Überwachungsund Kontrollinstrumentes zu verhindern.

Die Geschichte zeigt, dass innovative Technologien von Regierungen immer wieder gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt wurden. Ein blindes Vertrauen in die Unfehlbarkeit solcher Systeme wäre daher sträflich leichtsinnig. Den Wert beschwichtigender Versprechungen von Politikern sollte hingegen jeder selbst einschätzen.

Bei weiteren Fragen zu dem Thema digitaler Euro wenden Sie sich gerne an uns oder direkt an Joe Martin.