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Bitcoin und Energie

Bitcoin Mining ist ein faszinierendes und gleichzeitig oft missverstandenes Konzept, das die Themenbereiche Bitcoin als digitale Währung und Energie im weiten Sinne verbindet. Es handelt sich dabei um den Prozess, durch den neue Bitcoins in Umlauf gebracht, Transaktionen der Bitcoin-Blockchain hinzugefügt werden und die Sicherheit des Netzwerks garantiert wird. Doch warum wird Bitcoin-Mining so häufig missverstanden, besonders der Energieverbrauch so stark kritisiert?

Um die Fragen zu beantworten und den Energieverbrauch von Bitcoin einschätzen zu können, müssen wir zunächst ansatzweise verstehen, wie Bitcoin-Mining funktioniert und was die Technologie ermöglicht. Dazu benutzen wir eine Analogie, die zuerst in diesem Artikel beschrieben wurde. Stellen Sie sich ein Spiel vor, bei dem Sie einen Würfel mit tausenden von Seiten werfen. Sie werfen ihren Würfel so schnell wie möglich und versuchen, eine Zahl kleiner als 15 zu erzielen. Statistisch gesehen kann dies sehr lange dauern, aber je mehr Spieler am Spiel teilnehmen, desto schneller geht es im Durchschnitt. Kurz gesagt, mehr Spieler bedeuten schnellere Runden. Sobald jemand erfolgreich eine Zahl kleiner als 15 würfelt, können alle Spieler am Tisch dies sehr schnell verifizieren und die gewürfelte Zahl überprüfen. Dieser glückliche Spieler erhält das Preisgeld, und die nächste Runde beginnt. Im Mittel soll eine Runde 10 Minuten dauern. Alle zwei Wochen wird die Schwierigkeit angepasst, um die Zieldauer einzuhalten. Statt dem Anstieg der Anzahl der Spieler könnte auch die Teilnahme von Spielern, die einen Würfel mit deutlich weniger Seiten haben, dazu führen, dass die Runden immer schneller vorbeigehen. Letztendlich ist der Prozess des Bitcoin-Minings sehr ähnlich. Alle Miner erraten kryptografische Hashes. Wenn sie richtig raten (nach Entscheidung des Netzwerks), werden sie in Bitcoin belohnt und dürfen ihren vorgeschlagenen Block an die Blockchain anfügen. Mining-Unternehmen legen ihre Hashrate in der Regel in einem Pool zusammen, um ihre Chancen zu erhöhen, zusammen einen „gültigen Hash“ zu finden. Die Belohnungen werden dann – entsprechend ihrer anteiligen Leistungserbringung – aufgeteilt. Jeder „Versuch“ ist ein abgeschlossener Prozess. Moderne Mining-Maschinen raten heute etwa 141^12 Mal pro Sekunde und verbrauchen dabei so viel Strom wie ein Toaster. Als Stromverbraucher eröffnen Bitcoin-Mining Maschinen neue Möglichkeiten für die moderne Energiewirtschaft.

Maschinen können flexibel ein- und ausgeschaltet werden. Sie können sogar ihre individuelle Leistung erhöhen und verringern und sind in dieser Hinsicht Computern recht ähnlich. Bitcoin-Mining ist sowohl zeit- als auch ortsunabhängig und ist in der Kapazität nur von der Leistung einzelner Miner begrenzt. Alles, was benötigt wird, ist eine Verbindung zum Internet, die nicht einmal eine hohe Bandbreite haben muss. Die genannten Eigenschaften waren bisher bei keinem anderen Werte schaffenden Geschäftsmodell verfügbar welches gleichzeitig  neue Möglichkeiten für die Energiewirtschaft weltweit ermöglicht, – auf die wir später näher eingehen werden.

Oft wird der Begriff „Proof-of-Work“ im Zusammenhang mit Bitcoin-Mining erwähnt. „Proof-of-Work“, zu Deutsch „Arbeitsnachweis“, deutet in diesem Zusammenhang auf den inhärenten Nachweis hin, welchen gültige Blöcke in sich tragen. Die Wahrscheinlichkeit, richtig zu raten, ist verschwindend gering. Wenn eines von den vielen tausenden Geräten, die nach der gültigen Antwort suchen, es schafft, ist dies in sich der Beweis dafür, dass eine Menge „Arbeit“ geleistet oder Energie aufgewandt wurde. Es gibt hierbei keine Umwege, genauso wenig wie in unserer Würfelanalogie. Nur durch das Würfeln lässt sich eine Zahl geringer als die Zielgröße werfen. Es gibt keine Formeln oder Berechnungen, die diesen Prozess abkürzen.

Im Zusammenspiel des Bitcoin-Netzwerks und dem Proof-of-Work-Prinzips wird es zum ersten Mal möglich, dass Werte im Internet ohne Mittelsmann transferiert werden können. Das Internet ist eine Kopiermaschine. Digitale Informationen können im Internet verschickt, immer wieder kopiert und auf mehreren Geräten gespeichert werden. Für Geld funktioniert dieses Prinzip nicht, weil es zu einer inflationären Ausweitung kommen und somit zu einem substantiellen Werteverlust führen würde. Deshalb bedarf es normalerweise zentraler Parteien, die die Transaktionen im Internet ausführen und dabei Guthaben auf einer Seite verringern und auf der anderen erhöhen.

Bitcoin löst dieses Problem zum ersten Mal. Ich muss keiner Partei, die am Bitcoin-Mining Prozess teilnimmt vertrauen, dass sie sich an die Regeln des Netzwerks hält. Der Grund, weshalb dies so ist, ist mit großer Sicherheit die wichtigste Grundlage, die man zu diesem Thema verstehen kann. Das Bitcoin-Netzwerk sorgt dafür, dass jeder Teilnehmer, der versucht, die Regeln des Netzwerks zu umgehen, entlarvt wird. Wenn alle Teilnehmer reale Ressourcen (Energie, Hardware, Infrastruktur, Gehälter, etc.) aufwenden müssen, um eine Chance auf die Belohnung zu haben und eine 100% Chance für den Totalausfall bei Regelverstoß besteht, gibt es keinerlei Anreiz, die Regeln nicht zu befolgen. Anders gesagt: Für jeden Teilnehmer ist der ökonomische Anreiz, sich an die Regeln zu halten und kooperativ am Netzwerk teilzunehmen, deutlich höher als sich “schädlich” zu verhalten.

Das Bitcoin-Protokoll und der damit verbundene Verbrauch von Energie und anderen Ressourcen ermöglichen zum ersten Mal den Austausch von Wert im Internet, ohne dass es dafür eine zentrale Partei benötigt. Ohne zentrale Partei gibt es keine Möglichkeit, Transaktionen zu zensieren oder bestimmte Teilnehmer vom Netzwerk auszuschließen. Jeder, der möchte, kann Bitcoin über den einfachen Download einer „Wallet“ nutzen. Bitcoin ist das erste Finanzsystem der Welt, das jeder Mensch nutzen kann, wenn er möchte. Das ist, unter anderem, was durch den Aufwand von realen Ressourcen ermöglicht wird.

Nun, da wir begonnen haben, den Mehrwert von Bitcoin zu verstehen, betrachten wir den Energieverbrauch. Es gibt keine zentrale Stelle, die den Energieverbrauch für das Bitcoin Netzwerk berichtet. Es gibt jedoch Modelle und verschiedene Institutionen, die ihre Schätzungen veröffentlichen. Die bekannteste Quelle ist sicherlich der „Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index“ (CBECI). Dieser besagt, dass das Netzwerk bei einem durchschnittlichen Strompreis von $0.05/kWh einen Stromverbrauch von knapp 120 TWh aufweist. Strom kann nicht „weggeschmissen“ werden, sondern nur verbraucht, bzw. umgewandelt, werden. Die Stromerzeugung entspricht daher gleichzeitig dem Stromverbrauch. Bei einer globalen Stromerzeugung von ca. 28.500 TWh macht Bitcoin Mining also einen Anteil von 0,42% aus. Wenn man jedoch den globalen Energieverbrauch (179.000 TWh) zum Vergleich nimmt, sinkt der Anteil auf 0,067%. Anders gesagt, das Bitcoin Netzwerk verbraucht weniger Strom als alle Wäschetrockner in Amerika oder als diejenigen Mengen, die in China vom Netzbetreiber abgeregelt werden müssen.

Getrennt vom Energiebedarf muss der CO2-Ausstoß des Netzwerks betrachtet werden. Dieser liegt laut CBECI bei aktuell ca. 60,42 MtCO2e. Verglichen mit dem weltweiten Ausstoß von knapp 50.000 MtCO2e ist dies ein Anteil von 0,12%. Zum Vergleich: Die Modeindustrie weist einen ca. 35 mal höheren Ausstoß von 2.106 MtCO2e auf.

Das Bitcoin-Netzwerk unterliegt seiner eigenen Dynamik. Die Regeln des Netzwerks besagen, dass die Belohnung, ausgedrückt in Bitcoin, für das Finden eines Blocks ca. alle vier Jahre halbiert wird. Über die letzten Jahre ist der globale Wettbewerb, da Bitcoin-Mining überall funktioniert, wo Strom und eine Internetverbindung vorhanden ist, immer größer geworden, was die Wachstumskurve des Netzwerks verdeutlicht.

Quelle: hashrateindex.com

Während es anfangs möglich war, Bitcoin profitabel auf einem handelsüblichen Notebook und später auf Grafikkarten zu „minen“, ist dies heute nicht mehr der Fall. Heutzutage sind Bitcoin-Farmen hochtechnologisierte, spezialisierte Unternehmungen, die auf der Suche nach immer günstiger Energie sind. Fakt ist, Bitcoin-Miner können mit durchschnittlichen Strompreisen, die andere Verbraucher bspw. in Europa bezahlen, nicht mithalten und verlagern sich daher in die Regionen der Welt, in denen Energie und Strom günstig sind. Ca. 70% der Betriebskosten einer Mining Operation belaufen sich auf Kosten für Strom.

Aber was hat das mit dem CO2-Ausstoß zu tun? Eine Theorie ist, dass das Bitcoin-Netzwerk aus dieser Dynamik heraus und aufgrund der ökonomischen Verhältnisse immer stärker auf den Verbrauch von erneuerbaren Energien setzen muss. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen ist im Vergleich zu fossilen Energieträgern günstiger, da es hier keinem Energieträger oder Rohstoff verbraucht wird, um Strom zu produzieren. Dies ist auch der Grund dafür, dass Paraguay und Argentinien, zwei Länder mit einem sehr hohen Wasserkraftanteil im Strommix, starkes Wachstum der lokalen Bitcoin-Mining Industrie erfahren haben. Weitere Beispiele sind Island, Norwegen, Schweden und Finnland, wo Strom aufgrund der verfügbaren Menge an Wasserkraft bzw. Geothermie in der Vergangenheit immer günstig war und ist. Unerwähnt bleiben darf jedoch nicht, dass auch fossile Energieträger einen großen Anteil am globalen Bitcoin-Mining Strommix ausmachen. Oftmals werden Geräte aus dem ortsüblichen Strommix betrieben, und dieser besteht selten vollständig aus erneuerbaren Energiequellen.

Den Abschluss dieses Überblicks sollen drei Möglichkeiten machen, Bitcoin-Mining innovativ in der Energiewirtschaft einzusetzen. Dabei wird für jede ein Beispiel aus der Praxis erwähnt und bietet die Chance für die weitere Recherche. Die Beispiele sind jedes Mal eng mit den ökonomischen Realitäten des Netzwerks verknüpft.

1: Die Nutzung von Bitcoin-Mining als Regellastanbieter

Es gibt keine besseren Anbieter von Regellast, um beim Ausbau von erneuerbaren Energien für die nötige Netzstabilität zu sorgen, als Bitcoin-Mining Maschinen. Dies hat drei Gründe:

  • Sie verbrauchen viel Strom auf sehr engem Raum.
  • Die Maschinen wollen jederzeit laufen, weil jede eingesetzte kWh zu direktem Umsatz führt.
  • Die Maschinen können flexibel ein- und ausgeschaltet und in ihrer Leistungsaufnahme sehr genau gesteuert werden.

In Teilen der Welt funktioniert dies bereits sehr gut. Jedes Gerät hat bestimmte Grenzkosten, ab welchen es sich mehr lohnt, das Gerät nicht zu betreiben. Wird dieser Preis überschritten, sind Mining-Unternehmen ökonomisch incentiviert, ihren Stromverbrauch zu drosseln und die Energie, die sie für lange Zeit im Voraus eingekauft haben, wieder am Markt zu verkaufen. In dieser Weise funktioniert die Einbindung von Bitcoin-Mining im ERCOT-Netz in Texas heute schon sehr gut. In einem traditionelleren Marktumfeld wäre es denkbar, dass Übertragungsnetzbetreiber Bitcoin-Mining flexibel nutzen, um beispielsweise Strom aus Offshore-Wind, der ansonsten abgeregelt werden würde, nutzbar zu machen.

Hier ein weiterführender Artikel von lancium.

2: Die Nutzung von Abwärme

Bitcoin-Mining Maschinen wandeln Strom vollständig in Wärme um. Mining-Unternehmen, die es schaffen, einen Abnehmer für die Wärme zu finden, haben einen großen Vorteil gegenüber der Konkurrenz, die das nicht schafft. Über den Verkauf von Abwärme kann eine zusätzliche Einnahmequelle generiert werden. Während Projekte, die in Amerika viele MWh pro Tag verbrauchen, die Abwärme in die Umwelt ausstoßen, gibt es andere, die sich die Abwärme zu Nutze machen. Der Fakt, dass Bitcoin-Mining ortsunabhängig ist, spielt dabei eine große Rolle. So arbeitet die Firma „MintGreen“ (https://mintgreen.co/) aus Kanada an innovativen Konzepten für Mining in Verbindung mit Fernwärme. In Augsburg beschäftigt sich terahash.energy GmbH (https://terahash.space/) damit, Bitcoin-Mining in Industrieprozesse von klassischen, mittelständischen Unternehmen zu integrieren. Ähnlich verkauft die Firma K51 (https://www.k51.ch/) aus der Schweiz „fossilfreie Wärme“ und hat dies zu ihrem Geschäftsmodell gemacht.

  1. Anbindung und Nutzung von entlegenen Energiequellen

In der Republik Kongo, im Virunga Nationalpark, wurde ein Wasserkraftwerk, das Luviro Kraftwerk mit knapp 15 MW Leistung, gebaut. Für dieses Kraftwerk gibt es jedoch aktuell wenig Bedarf. Nach der COVID-Pandemie ist der Tourismus vor Ort verständlicherweise eingebrochen, und der Ausbau der örtlichen Infrastruktur ist nicht an einem Punkt, wo ein hoher Anteil der erzeugten Energie genutzt werden kann. Strom ist hier aufgrund mangelnder Nachfrage sehr günstig. Ein Bitcoin-Mining Unternehmen hat sich dies zu Nutze gemacht und betreibt direkt vor Ort, mitten im Dschungel, eine Bitcoin-Mining Farm. Diese ist nun die größte Einnahmequelle für den Park und hilft aktiv dabei, dass Artenschutz und Gehälter im Umfeld bezahlt werden können. All dies ist möglich, da Bitcoin-Mining es zum ersten Mal in der Geschichte ermöglicht, Strom in einen Wert umzuwandeln, ohne dass dafür weitreichende physische Infrastruktur nötig wäre, die dafür sorgt das Strom, oder Energie in anderer Form, transportiert werden kann.

Hier ein Artikel von TechnologyReview, der das Projekt beschreibt.

In den obigen Zeilen haben wir die Grundlagen der Technologie, den Energieverbrauch und innovative Anwendungsgebiete der Technologie beleuchtet. Zu jedem einzelnen Thema könnte man mehrere Seiten füllen. Ich hoffe, die Thematik für den Leser etwas greifbarer gemacht zu haben und freue mich auf folgende Diskussionen.

Bei weiteren Fragen dazu, welche Rolle Bitcoin in der deutschen Energieversorgung spielen kann, wenden Sie sich gerne an uns oder direkt an Jesse Pielke von HashrateUp.